Eine Pfadileiterin ist eines der Gesichter einer neuen SVP-Kampagne. Nun wird sie attackiert, die Partei spricht von «linker Hetze».

 

20 Minuten, 6. Februar 2019

Mit einer neuen Social-Media-Kampagne startet die SVP ins Wahljahr: Sie lässt Bürger auftreten, die sich als Anhänger der Partei outen – von der Pfadfinderin, dem Maturanden bis zum Tierschützer. Die Aussage: Dass nur Ewiggestrige oder Spiessbürger die SVP wählten, sei ein Klischee. Die Testimonials sind keine Schauspieler, sondern stehen der SVP nahe.

Mit einer neuen Social-Media-Kampagne startet die SVP ins Wahljahr: Sie lässt Bürger auftreten, die sich als Anhänger der Partei outen – von der Pfadfinderin, dem Maturanden bis zum Tierschützer. Die Aussage: Dass nur Ewiggestrige oder Spiessbürger die SVP wählten, sei ein Klischee. Die Testimonials sind keine Schauspieler, sondern stehen der SVP nahe.

In einem der Spots erzählt Naemi Dimmeler, Mitglied der Jungen SVP des Kantons Zürich, sie sei leidenschaftliche Pfadileiterin. Und weiter. «Ich wähle SVP, weil die unkontrollierte Zuwanderung den sozialen Frieden gefährdet.» Danach sieht man sie in ihrem Pfadihemd.

«Den typischen SVP-Wähler gibt es nicht»

In Pfadi-Kreisen sorgt die Kampagne für rote Köpfe: «Eine echte Pfadfinderin würde sich niemals in Uniform für eine Partei aussprechen, das wäre gegen die Grundsätze der Pfadi. Liebe Parteien, lasst die Pfadis in Ruhe. Respektlos ist sowas», schreibt etwa ein Pfadileiter auf Facebook. Die Pfadi dürfe nicht für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert werden.

Keine Freude hat auch die Pfadibewegung Schweiz: «Wir sind parteipolitisch neutral, wenn ein Mitglied sich zu einer Partei bekennt, ist das seine persönliche Sache», sagt Sprecherin Daniela Diener. Die Marke Pfadi sei nicht geschützt – entsprechend könne jeder im Pfadihemd auftreten. Klar sei: «Es ist nicht in unserem Sinn, dass man im Pfadihemd und mit Foulard für eine Partei wirbt». Ob sich Dimmeler weiter in der Pfadi engagiere, sei Angelegenheit der lokalen Gruppe.

Lea Halter vom Kantonalverband der Pfadi Züri sagt, der Auftritt habe in den sozialen Netzwerken für viel Kritik aus Pfadfinderkreisen gesorgt, da man als Pfadiorganisation politisch neutral sei. Sie dementiert, dass gar ein Ausschluss Dimmelers zur Debatte stand. Diese sei auch nicht einmal aktive Pfadileiterin. «Sie hilft möglicherweise noch ab und zu aus.»

«Linke Hetze nimmt bedenkliche Züge an»

Dimmeler selbst sagt, ob sie im Register aufgeführt sei oder nicht, spiele für sie keine Rolle. «Ich kann nur nochmals betonen, dass ich als Hilfsleiterin mit grösstmöglichem Einsatz die Aktivitäten für die Pfadikinder mitgestaltete. Den Verlauf des Vorfalls empfinde ich als sehr schade.» Mit so heftigen Reaktionen habe sie nicht nicht gerechnet: «Die Message ist nicht, dass Pfadfinder grundsätzlich für die SVP sind. Die Botschaft ist, dass es den typischen SVP-Wähler nicht gibt, den man von aussen suggeriert bekommt.»

SVP-Wahlkampfleiter Adrian Amstutz sagt: «Wäre es ein Spot für eine linke Partei, wäre ein solcher Auftritt wohl überhaupt kein Problem.» Die «linke Hetze der selbsternannten Obertoleranten» nehme aber immer absurdere Züge an: «Wer auch nur ein wenig Richtung SVP argumentiert, wird geschnitten und ausgegrenzt.» Das sehe man bei Künstlern wie Gölä oder dem Satiriker Andreas Thiel. «Auch Lehrpersonen, Sozialarbeitende und Medienschaffende wagen sich kaum mehr, sich öffentlich zur SVP zu bekennen, da sie sonst Gefahr laufen, gemobbt zu werden. Ich beklage mich nicht darüber, ich stelle nur fest.»